Beschreibung
20 cm 910 S. Leineneinband mit OU. Gebrauchsspuren, OU mit Läsuren. (BW282). Roman.Der 900-seitige Roman Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre gilt als das Meisterwerk von Heimito von Doderer, in dem er formale Ambitionen, souveränes, humorvolles Fabulieren, Einfangen der Wiener Atmosphäre, Gesellschafts- und Zeitanalyse sowie das Erforschen der Kräfte, die ein Leben bestimmen, zu harmonischer Balance brachte.Entstehung: Als Wehrmachtsoffizier im französischen Mont de Marsan 1941 und als Gefangener in Norwegen begann Doderer diesen reifen, die Summe seiner bisherigen Erzähltexte ziehenden Roman aus seinen Tage- und Notizbüchern zu entwickeln, die den Schreibprozess minuziös schildern. Als ihm der erste große Textabschnitt zwischenzeitlich abhanden kam, entwarf er zwecks Rekonstruktion, später aber auch im Vorgriff auf das zu Schreibende, großformatige grafische Planskizzen, die er systematisch abarbeitete.Die Strudlhofstiege, eine Treppenanlage im 9. Gemeindebezirk (Alsergrund), ist mit ihrer Aura »er eigentliche Hauptacteur. Sie ist Zentrum eines breit angelegten Zeitromans mit vielen gleichberechtigen Figuren, unter denen der im Grunde unbedeutende Melzer, verabschiedeter Major, Beamter der staatlichen Tabakregie, eher formal hervorragt. Den Hintergrund des Geschehens bildet seine gescheiterte Beziehung zu Mary K., die 1925 bei einem Trambahnunfall, auf den die Gesamthandlung perspektivisch zuläuft, ein Bein verliert, während Melzer seine Liebe zu der schlichten, aber warmherzigen und sehr attraktiven Thea Rokitzer als richtig erkennt. Ein weiterer Brennpunkt ist die Familie Stangeler mit René und dessen beiden Schwestern Asta und Etelka, die Selbstmord begeht.Die Stiege symbolisiert das Hin- und Hersteigen zwischen den beiden Haupthandlungszeiträumen 1911 und 1925. Die Art, unmittelbare Erinnerung zu simulieren, entspricht dabei weitgehend der von Marcel R Proust, wenn im »kurzen Kontakt-Schluss zwischen Vergangenheit und Gegenwart die beiden Punkte identisch sind wie bei Melzers assoziativem Vorbeisturz an sich selbst durch die Tiefe der Jahre am 22. August 1925. Die Erforschung der Strukturen menschlichen Schicksals nannte Doderer Fatologie , die unvoreingenommene rkenntnis »Apperzeption«. Und »Menschwerdung«, eine meist positive Entwicklung, ist das grundlegende Konzept seiner Romanpoetik: mit dem eigenen Leben eins werden, Erwachsenwerden, die Welt erkennen. Eine absichtlich banale Intrige , Melzer soll mit Hilfe der Zwillinge Editha und Mimi Pastré für einen Tabakschmuggel missbraucht werden ,und eine glückliche Liebeshandlung verdeutlichen, dass Doderer den Inhalt geringer schätzte als die Form des Erzählens. Generell fallen die reiche, ironische Metaphernsprache sowie das österreichische Beamtendeutsch (Zihalismus) und auch eine Neigung zu Latinismen auf. Der Roman besteht aus vier Teilen ohne Kapitelgliederung; seine Textmassen sind wie ein Werk der Architektur oder eine Symphonie komponiert. Erzählt wird von einer kaum erscheinenden auktorialen Instanz unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Doderer spielt mit der Chronologie: Das Buch beginnt 1923, doch nimmt bereits der erste Satz Bezug auf den Schluss. Die beiden ersten Teile sind komplex verschachtelt mit häufigen Rückgriffen auf 1911, aber auch auf andere Phasen nach dem Ersten Weltkrieg, der planvoll ausgespart bleibt. Der dritte und vierte Teil hingegen sind vom Sommer bis zum Herbst 1925 durcherzählt. Die Spiegelung der gleichen Jahreszeiten erzeugt beim Leser den Eindruck, als stehe die Zeit, als herrsche (wie oft bei Doderer) ein immer währender Wiener Spätsommer.Wirkung: Die Strudlhofstiege bedeutete den Durchbruch des 55-Jährigen. Bis heute ist er der beliebteste Roman des Autors, eine anspruchsvolle Lektüre und zugleich der Schlüssel zum übrigen Werk. (Aus 'Das Buch der 1000 Bücher' (Harenberg Verlag))'Auszüge aus dem Buch 800 Gramm. Bestandsnummer des Verkäufers 592132356
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